Was tun, wenn Online-Abfragen nur Mann und Frau kennen?

Ob bei Bestellungen, Umfragen oder der Anmeldung in Sozialen Netzwerken – ständig müssen wir im Internet unser Geschlecht preisgeben. Seit meinem Interview zu binären Geschlechtsabfragen mit Katta Spiel achte ich ebenfalls mehr auf die vorgegebenen Optionen. Sind dort nur Frau und Herr oder eine ähnliche zweigeschlechtliche Auswahl zu finden, versuche ich, den Firmen oder Initiativen Feedback zu geben und eine Änderung zu erwirken. Wie von Spiel vorgeschlagen, könnte dies eine geschlechterneutrale Ansprache sein oder dass wenigstens mehr Auswahlmöglichkeiten angeboten werden.

Für alle, die mitmachen wollen, gibt es hier mein aktuelles Anschreiben als Formulierungshilfe. Je nachdem, was genau angegeben werden muss, sollte der Text natürlich angepasst werden.

Liebes ***-Team,

bei einer Bestellung bei Euch muss ich im Adressformular eine Anrede auswählen, genauer gesagt mein Geschlecht angeben: Mann oder Frau. Könnt Ihr auf die Geschlechtsangabe verzichten oder wenigstens mehr Optionen und ein Freifeld für Anreden vorsehen?

Wie ihr sicherlich wisst, gibt es in Deutschland seit 2019 den Geschlechtseintrag „divers“, für den sich (leider) noch keine Anrede durchgesetzt hat. Seit 2013 kann der Eintrag sogar leer sein. So müssen intersexuelle Menschen endlich nicht mehr mit einer falschen Angabe leben – bei einer Bestellung bei Euch allerdings schon.

Neben dem Verzicht auf eine geschlechtsbezogene Ansprache ist daher ein Freifeld eine gute Option, um eine respektvolle Ansprache zu ermöglichen. Bei Geschlechtsabfragen gilt dies ebenso oder sollte außer „divers“ zumindest die Option „nicht-binär“ umfassen, um möglichst vielen Menschen außerhalb der Kategorien Mann und Frau eine passende Angabe zu bieten.

Mit freundlichen Grüßen

Wer mehr über die technischen Hintergründe und die Auswirkung auf die Betroffenen wissen möchte, findet sie im Interview in der anschläge, das online kostenlos zu lesen ist.

12.5.2019 – My body, my choice #feminismusfetzt

Das Bild zu „My body, my choice“ ist ein Repost von der Aktion #wegmit219a im letzten Frühjahr. Das seither der Paragraf 219a so reformiert wurde, dass medizinische Aufklärung durch Ärzt_innen weiter verboten bleibt, zeigt deutlich, wie wenig es in Deutschland um Lebensschutz und wieviel um Kontrolle geht. Was viele vergessen: Abtreibungen sind weiterhin strafbar, die Beratungszwang verhindert effektive Beratung und 2019 wurde das Gesetz noch verschärft, um Spätabtreibungen schwieriger zu machen.

Wir könnten Schwangeren die Entscheidung für Kinder deutlich einfacher machen: mit besserer Hebammenbetreuung, mit mehr Barrierefreiheit und weniger Krankenkassenärger bei behinderten Kindern, steuerlichen Entlastungen für Alleinerziehende, mehr Lebensmodellen abseits der Hetero-Mono-Kleinfamilie und mehr Offenheit für Kinder im öffentlichen Leben.

So hängt derzeit an einer Entscheidung für Kinder eine Menge an Einschränkungen – für Mütter, selten für Väter. Dass es keine Möglichkeit geben darf, aus diesen Rollen auszubrechen, zeigt gerade die Reform zum Personenstand. Trans Männer, die ein Kind gebären, sind danach weiterhin Mütter (entsprechendes gilt auch für trans Frauen). Pro Choice heißt für mich an dieser Stelle für mehr Möglichkeiten zu kämpfen, für mehr Entscheidungsfreiheit und gegen die Kontrolle durch Staat und Gesellschaft. Um es plakativer zu formulieren: gegen die Vorgaben von weißen cisgender Männern, mit denen sie sich Geld und Zeit sichern, während sie die gesundheitlichen und finanziellen Risiken abschieben.

11.5.2019 – (Für-)Sorge #feminismusfetzt

Ist das Kunst oder muss das so? Heute habe ich alles zusammengetragen, was sich so angesammelt hat, um meine Schmerzen und den Rattenschwanz an anderen Symptomen zu bekämpfen, bzw. was ich aktuell besitze und schleppen wollte. Was auch heißt, dass ich Geld auf Probleme schmeißen konnte, um mir das Leben einfacher zu machen.
Was nicht zu sehen ist: die Zeit, die ich in Sport und „Entspannung“ gesteckt habe, obwohl ich lieber was anderes tun würde. Der Aufwand, Praxen zu recherchieren, regelmäßig zu telefonieren, Rezepte abzuholen und einzulösen, Termine bei Ärzt_innen und manueller Therapie wahrzunehmen, Erstattungen einzureichen, über die Schwere meiner Schmerzen diskutieren. Allein der Orga-Aufwand ließ mich die letzten Jahre immer wieder verzweifeln. Um im deutschen Gesundheitssystem wirklich gesund zu werden, braucht man Energie, die Kranke eigentlich gar nicht mitbringen.

Das gilt besonders, wenn eins wie ich keine Krankheit wie ein gebrochenes Bein hat, wofür die Therapie völlig klar ist, sondern verschiedene Symptome, die von einer Sache ausgelöst werden könnten – oder ich „stell mich an“. Ich kann es mir halt nicht leisten, keinen Sport zu machen, Pech gehabt, bitte mehr Selbstdisziplin. Immer diese Angst, nicht krank genug zu sein, anderen geht’s ja noch schlechter.

Inzwischen, zum Glück, ist schon vieles besser geworden. Mein Kiefergelenk ist fast wieder am richtigen Platz, meine Nebenhöhlen sind nicht mehr ständig (leicht) entzündet, mein Magen weniger verkrampft, die Konzentrationsprobleme weg. Und ich hatte Glück, dass ich prinzipiell von Anfang an die Ursache kannte, auch wenn ich lange keine Lösung hatte. Das Wissen hat mir sicher einige unnütze Odysseen erspart.
Trotzdem bin ich im Moment nur fertig. Soviel Zeit, Geld und Arbeit, die ich aufwenden musste, weil ich Pech und vor 20 Jahren eine kleine Verletzung hatte. Zeit, Geld und Arbeit, die ich nicht in andere Dinge stecken konnte. Zeit, Geld und Arbeit, für die es selten Anerkennung gibt. Im Gegenteil: Ständig wird sie eingefordert und würde ich sie nicht mehr leisten (können), wäre ich an meinem Elend selbst schuld.

10.5.2019 – Lieblingsbuch #feminismusfetzt

Drei Buchrücken der Ancillary-Triologie vor einem schwarz-weiß gemusterten Kissen.

Hilfe, ein Buch? In der Grundschule habe ich circa ein Buch am Tag gelesen. Zum Glück war die Bücherei ganz in der Nähe. Inzwischen schaffe ich viel weniger Bücher, sondern lese vor allem Artikel im Internet (und ab und an schaffe ich es, Serien zu schauen).

Doch auch jetzt fällt es mir schwer, mich auf ein Buch festzulegen. Was ich wirklich gern gelesen habe, sind dann gleich drei Bücher: Die Ancillary-Triologie von Ann Leckie. Raumschiffe, fremde Welten, merkwürdige Sprachen – Leckie hat dabei geschafft, was Ursula K. LeGuin in The Left Hand of Darkness noch nicht konsequent umgesetzt hat und benennt alle Charaktere der „Geschlecht ist uns egal“-Kulturen weiblich.

Aber das ist nur der Hintergrund für Breq, (fast) allwissendes Raumschiff in einem toten, wiederbelebten Körper, und ihre Mission in einem zerfallenden Imperium. Immer wieder hat mich die Serie an Star Trek Deep Space Nine erinnert, aber um den Faktor 1000 sci-fi-iger.

Dahinter stand meine Idee, gezielt alte und neue feministische Sci-Fi-Geschichten zu lesen. Am Anfang des Jahres hab ich es noch hinbekommen. Dann kam (mal wieder) das Leben dazwischen. Aber dazu morgen mehr.

9.5.2019 – Was ist „schön“? #feminismusfetzt

Outfit-Foto vor Schrank: Blaue College-Jacke, hellblaues Hemd, dunkelblaue Chinos und silberglitzernde Schuhe.

Immer diese tiefgründigen Fragen bei #feminismusfetzt. Was ist schön? Bunte Blumen und pittoresk schlafende Katzen, die ich sehr gern auf Instagram poste (wie euch sicher aufgefallen ist)? Sie erfreuen mich zumindest immer ungemein.

Als erstes fiel mir aber eher sowas wie Schlanksein, Make-Up, Styling ein. Dass ich viel Arbeit in Form von Sport, Kalorien zählen, Schminken in meinen Körper stecken muss, hab ich als Teenie zum Glück nur für ca. fünf Minuten gedacht. Da meine Bänder und Gelenke super flexibel sind, hab ich auf Anraten einer Therapeutin vor Jahren mit Krafttraining angefangen – und Sport, der mir Spaß machte.

Die Verwandlungsfähigkeit von Make-Up schätze ich sehr, hasse es aber, tagsüber nachzukorrigieren und auch Abschminken 😬 Zum Glück verlangt niemand Styling von mir. Wenn ich Zeit hätte und es ok wär, würde ich vermutlich unfassbar flashy enden und eher in einen Sci-Fi-Film passen. Falls hier Beauty-Grammer_innen sind, die mal ein Model suchen ☝️

Schließlich: #609060. Die feministisch motiviere Aktion von vor gefühlt 100 Jahren, um Alltagskleidung zu dokumentieren. Als Kind bin ich ausschließlich in kurzen Hosen rumgelaufen, im Winter eben mit Strumpfhose drunter. Mit 16 habe ich mir eine pinke Cordhose gleich zwei Mal gekauft. Jetzt bewege ich mich in dem Raum zwischen Nerd-Merch und Oma-Stil, möglichst abseits aller Geschlechterbegrenzungen. Ob das schön ist…

8.5.2019 – Stolz #feminismusfetzt

Eine Hand hält eine Waffel in Form eines Hundehaufens.

Stolz – noch so eine schwierige Frage. Gerade in Deutschland sollten wir bis vor kurzem wieder auf alles mögliche stolz sein, von unseren Autos bis zur Nation. Leider entpuppt sich so einiges bei genauerem Hinsehen doch eher als unschön, so wie Manipulationen an Sensoren oder wie wenig sich Deutschland seiner kolonial-rassistischen Geschichte in Afrika stellt.

Darum wollte ich eigentlich hier lieber von Dingen erzählen, auf die ich wirklich stolz bin. Das stellte sich aber als noch schwieriger heraus und passt noch besser zum Thema des 11. Mai: Für-Sorge.

Diese ausgezeichnete Waffel, mit Nutella-Füllung, kann dafür übrigens nichts. Sie war sehr lecker. 💩

7.5.2019 – Held_in #feminismusfetzt

Ein Stapel T-Shirts, obenauf liegt ein weißes Wonder Woman Shirt.

Zu #feminismusfetzt heute der Blick in meinen Kleiderschrank, in dem obenauf Wonder Woman liegt.

Für mich ist sie lange Zeit eher als Idee einer Superheldin interessant gewesen – etwa dass sie auf dem ersten Cover des Ms. Magazines abgedruckt war. Dass sie bekannt war, in einer See aus Helden, die zu kennen eh schon ein etwas abseitiges Interesse war. Dass sie eine Amazone ist, was einfach Abenteuer versprach. Leider gab es den ausgezeichneten Kinofilm da noch nicht und die Serie ging an mir vorbei.

Stattdessen wuchs ich mit „Lois & Clark“ auf, mit Teri Hatcher und Dean Cain, und traue mich kaum nachzusehen, wie gut die Serie gealtert ist. Aber hey, eine Folge war Lois Ultra-Woman. Ausgerechnet die durfte ich nicht gucken, was allerdings nichts mit dem Inhalt zu tun hatte. Die Identifizierungsmöglichkeiten damals waren rar gesät.

Zum Glück gibt es mit Supergirl gerade neue, tolle Idee Heldinnen im Fernsehen (und ihre Gaststars 😻). Und vielleicht bekommen wir in der nächsten Marvel-Phase endlich auch einen She-Hulk-Film. Die ist nämlich die allerbeste Superheldin.

6.5.2019 – Queer #feminismusfetzt

Neuer Abend, neues #feminismusfetzt-Posting. Ich hab den Tag nach klugen Gedanken gesucht, aber was (leider) immer wieder vorkam: wie übergriffig Leute sich anstellen, sobald jemand eben nicht so hetero, mono, cis, binary, gender-conforming ist, wie im Durchschnitt vorgegeben. Da fangen wildfremde Menschen im zweiten Satz Smalltalk an, nach Geschlechtsteilen und Beziehungsdetails zu fragen, die selbst längere Freund_innen nicht zwangsläufig kennen.

Bitte, bitte, bitte: macht das nur in Kontexten wie Workshops oder Vorträgen, in denen das explizit Thema ist und Fragen erlaubt sind. Zum Glück gibt’s inzwischen Texte und Bücher von queeren Personen, die alle grundsätzlichen Fragen beantworten. Erspart allen äußerst unangenehme Situationen.

5.5.2019 – Karriere #feminismusfetzt

Wieder knapp mit dem #feminismusfetzt-Beitrag – passenderweise, weil ich gerade auf Dienstreise bin. Muss eins sich leisten können von den Verpflichtungen der Freizeit bzw. Care-Arbeit her.

Genauer gesagt ist das Thema aber: Karriere. Dazu fielen mir als Erstes die VDI Nachrichten ein, was für „Verein Deutscher Ingenieure“ steht. Dank deren geschickter Rekrutierung im Studium bin ich da Mitglied. Im vierten Teil der eigenen Zeitung gibt’s die Karriereseiten, die früher auch tatsächlich gelesen hab, inkl. allen Tipps zu Auslandsaufenthalten und Familienbetrieb vs. Konzern.

Was fehlte, war ein Karrieremodell für Frauen, das nicht lautete „schwierig“. Damit meine ich nicht mal Mütter, das ist eh „äußerst schwierig“. Da wurde stumpf der bisherige Karriereweg dem Nachwuchs weitergegeben. Dass es nur für ganz bestimmten Nachwuchs gilt – geschenkt.

Leider gilt das, zumindest in meinem lokalen ingenieurwissenschaftlichen Bekanntenkreis bis heute. Vorbilder gibt es kaum, als Mütter erst recht nicht.

Über einige Umwege bin ich nun Redakteurin geworden, immerhin bei einer Technikzeitschrift. Das ist auch nicht immer einfach und so einen klaren Aufstiegsweg wie in einem Konzern gibt es in unserem kleinen Team erst recht nicht.

Im Moment freue ich mich, dass ich mit Jeans und Shirt zur Arbeit gehen kann. Auch und gerade auf Dienstreise. Einen klaren Weg gibt’s nicht (sorry an alle, die jetzt eine bessere Auflösung erwartet hatten), nur jeden Tag einen Schritt nach dem anderen zu machen.

4.5.2019 – Wut #feminismusfetzt

Tag 4 von #feminismusfetzt, zu „Wut“. 2014 habe ich darüber beim Spiele-Blog Herzteile geschrieben, denn damals gab es eine Debatte über (ausufernde) Kritik.

In kurz: Wut ist wichtig für Veränderungen, im Unterschied zu Grausamkeit, die nur der Abewertung und Verletzung dient. Wut wird oft als Gewalt empfunden, wenn sie auf Diskriminierung hinweist – schwierig wird es, wenn sich Gruppen kritisieren, deren Mitglieder unterschiedliche Diskriminierung erfahren. Dabei sollten wir alle bedenken, dass niemand perfekt ist und Veränderungen selten schmerzfrei ablaufen.

Meine Anmerkung damals: Bei der Sorge um „Angst vor dem Mob“ werden meist weiße, gutgestellte Leute in den Vordergrund gestellt, die nach zahlreichen, ekelhaften Klogriffen einmal Konsequenzen treffen – während viele Aktivist_innen schon für ihre bloße Existenz mit Hass und Drohungen bestraft werden.

Eine Lösung: Calling in. Bei problematischen Aussagen/Verhalten in der eigenen Community innehalten und über die Beziehung untereinander nachdenken und die eigene Kritik darauf aufbauen.