Halbzeit 2021: Texte anderswo

Statt erst zum Ende des Jahres ein Fazit zu ziehen, gibt es überraschenderweise bereits zur Halbzeit ein Update. In den ersten Monaten habe ich endlich die Stapel an Büchern und Zines in Angriff genommen, die sich über die Jahre an mehreren Stellen der Wohnung eingefunden hatten. Auf Goodreads gibt es zu einigen der Highlights Rezensionen:

Letzteres habe ich dann überarbeitet bei den Femgeeks vorgestellt. Und anschließend noch einige Rezensionen zu Filmen geschrieben, etwa der Netflix-Doku Coded Bias über Diskriminierung mit Künstlicher Intelligenz, das Porträt der Philosophin Donna Haraway Story Telling for Earthly Survival und den Doku-Doppelpack Gendernauts und Genderation (ab Oktober im Kino).

Last but not least:

  • Geschlechtsspezifische Gewalt in Zeiten der Digitalisierung
    Für das Buch von Nivedita Prasad und dem bff: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe habe ich zwei Kapitel zu „Digitaler Erster Hilfe“ für Berater*innen (zusammen mit Jenny-Kerstin Bauer) und frauenspezifische Einrichtungen geschrieben.
  • Gefangen in der Binarität
    Ich habe mich mit Katta Spiel für die anschläge über nimse Erfahrungen als nicht-binäre Person mit Geschlechtsangaben in Datenbanken und (Online-)Formularen unterhalten.
  • So entsteht eine interaktive Riesenmaschine
    Die Künstler Niklas Roy und Felix Fisgus haben mir für das Make Magazin erzählt, wie sie die Riesenmaschine Smart Fairy Tale im Wolfsburger Science Center Phaeno gebaut haben.

Filme! Drachenmädchen (龍之女)

Nachdem der Film Drachenmädchen eigentlich nur Montag abend im Universum gezeigt werden sollte, da aber die Schlange noch bis vor die Tür ging, gab es heute noch eine weitere Vorstellung und am Sonntag morgen um 11:15 noch eine. Meine Empfehlung: Hingehen!

Mehr zum Inhalt hat Lucie bei Kleiner drei geschrieben und einige interessante Fakten verstecken sich in den Unterrichtsmaterialien zum Film (PDF). In Braunschweig dann auch Original mit deutsch-sprachigen Untertiteln.

Filme! Tabu Intersexualität

Dank der Depublikation habe ich die arte-Doku „Tabu Intersexualität“ nun rechtsunsicher auf YouTube geschaut (und festgestellt, dass ich ihn schon vor zwei Jahren verpasst habe zu schauen…)

Es ist ein krasser Film, aber auch hoffnungsvoll. Leider werden einige veraltete Annahmen wiedergekaut, etwa, dass bei der Geschlechtsentwicklung Männerkörper aktiv entstehen, Frauenkörper aber die passive Grundeinstellung sind. Außerdem verbreitet der Hirnforscher(!) Dirk Swaab weiter den Mythos, dass es Unterschiede zwischen „männlichen“ und „weiblichen“ Gehirnen gäbe.

Die Sprache und Illustrationen sind stereotyp und verharmlosend, kritisierte Zwischengeschlecht.info schon 2010 – einige der Szenen sind aber bereits so sehr krass. Etwa wenn die „Fremdbestimmung“ mit Bildern deutlich wird, auf denen Kinder festgehalten und wie Strafgefangene fotografiert wurden.

Geradezu grotesk wird es, wenn erst die Lehrerin eines intersexuellen Kindes berichtet, die Klasse hätte das als „normal“ aufgenommen und meist hätten Erwachsene deutlich mehr Probleme – und darauf ein Professor erläutert, Operationen seien nötig, um Kinder vor Hänseleien anderer Kinder zu schützen.

Hart anzusehen ist auch, wie Professor Mouriquand anschließend eine eindeutige Zuweisung von Geschlecht fordert, da es im öffentlichen Leben „grausam“ sei, nicht eingeordnet werden zu können. Direkt widersprochen wird ihm nicht, sondern nur relativ kurz das ganze Elend der heutigen Zustände nachgestellt: Es gibt keine verbindlichen Richtlinien im Umgang mit intersexuellen Menschen für Ärzt_innen, dass sie heute mehr aufklären ist keine Selbstverständlichkeit.

Wie gegendert unsere Sprache ist, zeigt die Doku dabei (unabsichtlich) auch, wenn es etwa heißt „damals konnte der Intersexuelle entscheiden, ob er ein Mann oder eine Frau ist“.

Mit dieser Kritik im Kopf kann ich trotzdem nur eine Anschauempfehlung geben, denn bessere Dokumentarfilme zum Thema Intersexualität gibt es kaum. Und selbst dieser Film wird immer noch bei arte im Nachtprogramm versteckt. Am 13. September wird er morgens um 5 Uhr wiederholt.