Computermuseum in Paderborn: Am Anfang war Ada

Letztes Wochenende war ich im Heinz-Nixdorf-MuseumsForum um die Ausstellung „Am Anfang war Ada“ über Pionierinnen der Computergeschichte anzuschauen sowie die Daueraustellung über Computergeschichte. Dazu hier gleich zwei Premieren: meine Bilder von Snapchat, hochgeladen als Story bei YouTube (inklusive dem am wenigsten furchtbaren Vorschaubild).

Eine ausführliche Rezension mit weiteren Bildern gibt es schon bei Femgeeks. In der Dauerausstellung sind mir, neben der äußerst knappen Abhandlung der Pionierinnen, noch weitere Kritikpunkte aufgefallen:

  • Dort wird das Wort „taubstumm“ verwendet, was nicht mehr zeitgemäß ist. Die meisten gehörlosen Menschen sind nur taub, nicht stumm.
  • Die Rolle der automatisierten Informationsverarbeitung im Dritten Reich wird quasi mit einem Satz abgefrühstückt, neben einem hübsch anzusehenden Arbeitsstubendeko. Neben der Hollerith-Maschine hängt ein Bild zur Volkszählung der Nazis, aber die Bedeutung der systematischen Erfassung der jüdischen Bevölkerung bleibt unklar.
  • An einer Wand neben den Schreibmaschinen hängt eine Sammlung an Postkarten aus den 20er Jahren, mit (Werbe-)Motiven über faule, heiratsgeile Sekretärinnen. Mindestens ein Bild zeigt auch Gewalt gegenüber einer Frau. Diese Bilder sind in keiner Weise kommentiert, um die Darstellungen einzuordnen, sondern sollen selbst die Einordnung der Exponate ermöglichen. Das wird, nachdem ich mich beschwert habe, jetzt überdacht.

Insgesamt hatte ich einen unterhaltsamen Nachmittag, habe viel gesehen und mich über 2 Raspberry Pis in einem Museum gefreut. Einiges, wie die alten Schreibmaschinen und Diktiergeräte, finde ich einfach faszinierend. Anderes, wie die nicht ganz so alten Handies und Taschenrechner zeigt, wie schnell sich derzeit unsere Gesellschaft verändert.

Wer noch die Ada-Ausstellung besuchen möchte, hat bis zum 10. Juli 2016 Zeit. Wer darüberhinaus über Informatikerinnen lernen möchte, sollte die Webseite des Projekts „Frauen-Informatik-Geschichte“ durchklicken. Die Exkursion wurde organisiert vom deutschen ingenieurinnenbund.

Sexualisierte Gewalt gegen Mädchen – total normal?!

[Anmerkung zum Inhalt: Es geht um eine Studie, die sexualisierte Gewalt gegen Mädchen untersucht und beschreibt.]

Dass gerade junge Frauen sexualisierte Übergriffe (zunächst) als „nicht so schlimm“ einstufen, ist schon eine Weile bekannt. Heather R. Hlavka der Marquette University hat in einer Studie noch einmal genauer analysiert, wie Teenager im mittleren Westen der USA sexualisierte Gewalt erleben. Grundlage sind Videoaufnahmen von 100 Interviews des Children’s Advocacy Center (CAC) mit Kindern zwischen drei und 17 Jahren, die im Zuge polizeilicher Ermittlungen zu Übergriffen entstanden.

In dem in Gender & Society erschienen Artikel zitiert und untersucht Hlavka die Aussagen der Betroffenen aus den Jahren 1994 bis 2005. Besonderer Fokus liegt auf 23 Interviews, in denen Mädchen von sexualisierter Gewalt, bis hin zu Ver­gewaltigungen sprachen, diese aber nicht also solche benannten. Stattdessen bezeichneten sie die Vorfälle als „normal“, da sie immer wieder passierten und „Jungs so seien“. Um sich der Gewalt zu entziehen, trafen sie eine Reihe an Vorkehrungen, wie nicht alleine durch die Schule zu gehen, zur Seite zu rücken oder den Angreifer wegzuschubsen. Als „schlimm“ bzw. Vergewaltigung galt oft erst mit massiver körperlicher Gewalt erzwungener Penis-in-Vagina-Verkehr. Selbst mit körperlicher Gewalt erzwungener Oralverkehr wird nicht als Vergewaltigung bezeichnet, sondern als Mittel, einer Vergewaltigung zu entgehen.

Im Umkehrschluss wurden andere Mädchen, wie auch sie selbst, oft als „selbst schuld“ benannt, wenn sie trotzdem Opfer eines Übergriffs wurden. Dass Grenzen überschritten wurden, wurde nicht als Schuld der (hier stets männlichen) Täter gesehen, die durch ihre Natur getrieben sind, sondern im Versagen der Mädchen als Hüterinnen des eigenen Körpers und Sexualität. Oft wurde die Schuldverschiebung durch den Täter noch befeuert, indem er sein Opfer öffentlich als „vorher sexuell aktiv“ oder gleich als „Hure“ bezeichnete. So sahen viele der Mädchen keine Notwendigkeit, die erfahrenen Übergriffe zu melden und damit „Drama“ anzufangen.

Insgesamt bietet die Studie so einen qualitativen Einblick in die Schere, die sich zwischen erlebten und bei Polizei und anderen Einrichtungen gemeldeten Übergriffen beobachten lässt. Traurig macht wieder einmal, dass bereits junge Mädchen die Verantwortung für das Verhindern von Gewalt bei sich selbst sehen, wie weit sie sich in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken und auch keine Unterstützung von Erwachsenen erwarten. Die Ergebnisse bettet Hlavka in die feministischen Diskurse zu sexualisierter Gewalt (besonders von Kindern) und Heteronormativität ein, so dass der Artikel bei allen deprimierenden Ergebnissen einen interessanten Einblick in feministische Theorie der letzten 35 Jahre liefert.

Links! Quantified Self, Überwachung und Neues von den Bewegtbildern

Straßenkritzelei: Mit einer Waffe kann man eine Bank ausrauben. Mit einer Bank die ganze Welt.

Politik vor der Arbeitsagentur Osnabrück.

Links! Study ALL the things

In zwei kleinen weißen Schalen liegen viele kleine rote Kugeln.

Nom nom.

  • In der Schweiz hat eine Studie der Uni Basel das Gender Pay Gap untersucht. Und bestätigt wieder einmal, dass Frauen ab dem ersten Tag im Beruf weniger verdienen, bei gleicher Qualifikation.
  • Moderne Heteropaare legen ihr Geld zusammen und entscheiden dann gemeinsam übers Ausgeben. Soweit die Theorie, doch erste Experimente zeigen, dass Konsumentscheidungen davon abhängen, wer das Geld zuerst bekommt. Und haben sie die Wahl zwischen gleichem, niedrigen Einkommen und ungleichenm, aber höheren Einkommen, entscheiden sie sich für Gleichheit. Da dennoch soviele Paare das Hauptverdiener/Zuverdienerin-Modell wählen, überwiegen vermutlich andere Faktoren die Präferenz der gleichen Aufteilung.
  • Außerdem eine Studie über Trolle: Deren Persönlichkeitsprofile weisen Korrelationen mit Sadismus, Psychopathie und Machiavellismus auf. Wer einfach nur gerne debattiert, zeigt keine Korrelation.
  • Machte diese Woche mal wieder die Runde: Eine der Frauen aus dem Geek Girls-Video der Doubleclicks über ihre (negativen) Erfahrungen als Science-Fiction-Autorin.
  • Sollte der Mindestlohn in den USA angehoben werden? Frauen und Männer mit geringem Einkommen sind dafür. Mit steigendem Einkommen sinkt ihre Zustimmung – Frauen mit sehr hohem Einkommen sind allerdings wieder eher dafür.
  • Fragt Ihr Euch auch manchmal, wer hinter den dauernden „Feminismus bedroht xyz“-Kolumnen steckt? Kleiner Drei hat die Antwort.
  • Können wir jemals zu viel über Firefly sprechen? Vermutlich nicht, hier geht’s um Zoe Washburne (Gina Torres).
  • Wer ein bißchen Geld über hat: Noch knapp eine Woche die RoleUp-Series unterstützen oder das neue Projekt „Das Wort das Bauchschmerzen macht“.

Reproduktionspolitik in Deutschland – menschenverachtender geht’s kaum

Seit heute nachmittag ist klar: Ab nächstem Sommer können Hebammen freiberuflich keine Geburten mehr begleiten. Das Aus für Hausgeburten, Geburtshäuser und Belegstationen, denn in Deutschland müssen Geburten per Gesetz von Hebammen begleitet werden.

Gebären geht dann nur noch in großen Krankenhäusern mit im Schichtbetrieb wechselnden Kräften, die mehrere Geburten gleichzeitig betreuen. Hebammen können Schwangere nicht mehr individuell vorbereiten, bei der Geburt begleiten und nachsorgen. Massenabfertigung auf überfüllten Geburtstationen statt vertrauensvoller Geburtshilfe und Wahlfreiheit des Geburtsortes.

Mit dem Wegfall ihres „Kerngeschäfts“ haben in den vergangenen Jahren viele Hebammen komplett den Beruf aufgegeben, so dass auch die Vorbereitung und Nachsorge inzwischen nicht mehr überall gewährleistet werden können. Der Start ins Leben wird für Neugeborene in Deutschland zum Glücksspiel.

Gleichzeitig debattiert jetzt der Bundestag über die Rezeptpflicht der „Pille danach“. Über deren minimale Risiken, den Zeitfaktor und die Erfolge in vielen Ländern weltweit ist bereits alles gesagt worden. Dennoch weigert sich die CDU, Menschen in Not einen Gang zur Ärztin oder eine Fahrt in die Klinik zu ersparen und die Kompetenz der Apotheker_innen anzuerkennen.

Noch ist die flächendeckende Versorgung mit Apotheken und ihre Erreichbarkeit deutlich besser als die von Ärzt_innen. Die Botschaft der (fast ausschließlich) Politiker ist klar: Frauen und Transmännern ist nicht zu trauen, über ihren Körper selbst zu entscheiden.

Einen Schritt weiter gehen die Krankenkassen bei der Übernahme der Kosten für künstliche Befruchtung: Kinder sind nur bei verheirateten, heterosexuellen Paaren erwünscht.

Während die Politik in den letzten Jahren in der Wirtschaft viel dereguliert hat, staatliche Konzerne privatisierte und Märkte öffnete, um Wahlfreiheit zu schaffen, bleibt die Reproduktionspolitik rigide oder verschärft aufgrund ihrer Untätigkeit die Situation. Dass dies Menschen in Deutschland betrifft – Männer, Frauen und Intersexuelle, Erwachsene und Neugeborene – und ihnen das Leben schwer macht, ist wohl scheißegal.

Update nach der Bundestagsdebatte zur Pille Danach:
Jetzt wird das Ganze also an Ausschüsse verwiesen, die wieder von vorne anfangen zu debattieren. Als ob es nicht schon unzählige Empfehlungen und Gutachten gäbe. Hightlight: „Bei der ‚Pille danach‘ will ich keine Schnellschüsse.“ Und Bonuspunkte an die CDU-Redner_innen, die nicht nur konsequent von Frauenärzten und Apothekern sprachen, sondern auch von Patienten. Damit meint ihr doch schwangere Transmänner?

Leseempfehlungen (siehe auch die Trackbacks):
Frische Brise: Hebamme – ein aussterbender Beruf
Von guten Eltern: Meine Mutter war früher mal Hebamme
Gleisbauarbeiten: Wir brauchen HEBAMMEN!
Journelle: Frauensmarties
Kindersegen: Hebammen – wollt ihr sie wirklich wirklich? Na dann los!
Regine Heidorn: Hebammentochter
Juramama: Deutschen Frauen werden die Hebammen gestrichen. So sieht’s nämlich aus.
amberlight-label: Hebammenpetition & Wiegetuch
Familie Gurkenhals: In was für einem Land leben wir eigentlich?

TV! Ruft die Hebammen ins Fernsehen

Ein Zeichen für den Zustand der deutschen Fernseh-Landschaft ist sicher, dass Call the Midwife als Ruf des Lebens nur auf Spartensendern zu sehen ist, während Tierärztinnen und Nonnen als Symbole für verfehlte Senderpolitik einstehen müssen. Dabei ist die TV-Serie über die Arbeit einer Hebamme im London der 50er der größte Hit der letzten Zeit in Großbritannien.

Drei junge weiße Frauen in dunklen blauen Mänteln fahren auf Fahrrädern eine enge Straße entlang.

Promotionbild der BBC mit Cynthia Miller, Jenny Lee und Trixie Franklin

Basierend auf den Memoiren von Jennifer Worth geht es um die junge Hebamme Jenny Lee, die es nach ihrer Ausbildung ins Londoner East End verschlägt – ins arme und überbevölkerte Poplar. Statt in einer Privatklinik landet sie im Kloster Nonnatus, benannt nach dem Schutzheiligen der Hebammen. Zusammen mit den Nonnen hilft das Team nicht nur einer Reihe Babies auf die Welt, sie unterstützen auch den Zusammenhalt der Menschen vor Ort.

Die schüchterne Cynthia und die lebenslustige Trixie arbeiten bereits als Hebammen, als Jenny ankommt. Dass sie in einem Kloster leben, hält sie allerdings nicht davon ab, abends mit einem Glas Alkohol in der einen Hand und der Zigarette in der Anderen etwas Spaß zu haben. Nachzüglerin Chummy (eigentlich Camilla Fortescue-Cholmondeley-Browne) stolpert gleich zu Beginn einen Polizisten um, was zu ihrem Erstaunen in einer Romanze und mehr endet.

Geführt wird das Kloster von Schwester Julienne, der das Wohlergehen der Schwangeren Poplars sehr am Herzen liegt. Bei der über 90-jährigen Schwester Monica Joan sind sich die Bewohnerinnen des Hauses Nonnatus nie ganz sicher, ob sie langsam dement wird oder einfach exzentrisch ist. Dagegen fragt sich die junge Schwester Bernadette, ob ein Leben als Nonne wirklich das richtige für sie ist. Die wunderbarste Nonne ist wohl die resolute Schwester Evangelina, die auch schon mal auf dem Roller durch Poplar düst und mit „es ist ein Baby, kein eingeölter Pinguin“ Klartext spricht.

Zwei weiße Frauen stehen vor einem Gebäude. Jane hat braune Haare und trägt eine grüne Strickjacke über einem roten, ausgestelltem Kleid. Trixie hat blonde Locken und trägt eine rote Strickjacke über einem weißen, ausgestelltem Blümchenkleid.

Promotionbild der BBC mit Jane Sutton und Trixie Franklin

Die Verwüstungen des Kriegs sind hier in Ruinen, Erinnerungen und Familien­geschichten noch zu spüren. Wie auch die aufgelösten Arbeitslager jahrhunderte­langer Tradition, deren ehemalige Zwangsarbeiter_innen unter den Folgen leiden. Während Jenny die Vorgabe „nur wer arbeitet, soll auch essen“ schon weit weg erscheint, sind andere Entwicklungen für sie noch neu. Zwar kriegen Frauen ihre Babies noch zu Hause, aber neue Techniken wie das Lachgas halten langsam Einzug. Noch tragen Frauen Hüft- statt Büstenhalter und nur im gewagten Ausnahmefall Hosen. Dabei glänzt die Serie wie bereits Miss Fisher’s Murder Mysteries mit ihrer Kostümausstattung, bis hin zu den Brillen.

Immer wieder wird der steuerfinanzierte National Health Service (NHS), der Nationale Gesundheitsdienst gelobt – der heute einen denkbar schlechten Ruf hat. Damals allerdings gibt es erstmals mobile Röntgenwagen zur Tuberkolose­früh­erkennung. Und während die Schwangeren bei der Untersuchung rauchen, trauen sie den Röntgenstrahlen aus Angst um ihre ungeborenen Babies nicht über den Weg. Viele Praktiken, die damals normal waren, erscheinen uns heute unvorstellbar, gar gefährlich oder als Vernachlässigung. Dass die Serie diese andere Normalität, das andere gesellschaftliche Wissen vermittelt, ist eine ihrer großen Stärken.

Call the Midwife vermittelt dabei beständig Hoffnung und einen positiven Blick – anders wäre es vermutlich zu deprimierend, besonders für Frauen. Unsichere Abtreibungen, fehlende verlässliche Familienplanung und Sterilisationen nur bei medizinscher Notwendigkeit lassen einen unendlichen Strom hungriger Kinder­mäuler unabwendbar erscheinen. Bereits in der ersten Folge trifft Jenny eine Schwangere, die ihr 25. Kind erwartet. Fast alle Frauen sind daher abhängig von Männern: ihren eigenen Vätern oder den, im schlimmsten Fall heiratsunwilligen, Kindesvätern. Seltener, aber ebenfalls vorkommend, müssen Väter sich nach dem Tod ihrer Frau alleinerziehend durchschlagen.

Blutige Details halten sich (zum Glück?) sehr in Grenzen und werden, wie sovieles in den 50ern, schamhaft überdeckt und schnellstens aufgewischt. Die bittere Armut und tragischen Schicksale gehen zuweilen sehr ans Herz. Wie auch, zum Glück, die vielen positiven und wunderschönen Momente. Eine klare Anschauempfehlung.

Die ersten beiden Staffeln von Call the Midwife – Ruf des Lebens sind bereits auf DVD erschienen. Die dritte Staffel, die nicht mehr auf dem Originalmaterial basiert, wird derzeit von der BBC ausgestrahlt. In Deutschland sind die neuen Folgen englisch-sprachig auf iTunes zu sehen.

TV! Sarah Haskins bringt uns ein „Trophy Wife“

Beinahe hätten ein schwieriger Sendplatz und Zuschauer_innen knapp unter der 5-Millionenmarke das Ende von Trophy Wife bedeutet. Zum Glück hat ABC dennoch weitere Folgen der ersten Fernsehserie von Emily Halpern und Sarah Haskins bestellt. Mit Target Women, grandiosen Parodien auf das Werbeelend von „Frauenprodukten“ war Haskins in den vergangenen Jahren zur feministischen Internetikone aufgestiegen.

Auf dem Rasen vor einem Haus stehen die Schauspieler_innen und Schauspieler aus Trophy Wife

Promotionbild von ABC Studios (ABC/Craig Sjodin)

In Trophy Wife verarbeitet sie nun ihre eigene Geschichte als junge Ehefrau eines bereits mehrfach geschiedenen älteren Mannes mit mehreren Kindern. Statt drei Exfrauen gibt es in der Serie nur zwei, dafür allerdings ein Kind mehr. Zum Glück, denn alle lieben Nesthäkchen Bert.

Hauptdarstellerin und Mitproduzentin Malin Åkerman könnte als Kate auf den ersten Blick die sprichwörtliche Trophäenfrau sein: hübsch aber dumm und geldgeil. Doch so einfach macht es uns die Serie natürlich nicht. Selbst nur mit ihrer Mutter aufgewachsen, möchte Kate gerne eine große, glückliche Familie schaffen. Dass sie trotzdem zunächst nicht viel an Familienverantwortung übernehmen darf, liegt an ihrer Verpeilheit – und auch an Exfrau Diane. Die ist perfektionistisch veranlagt und eine ehrgeizige Chirurgin. Bereits die esoterisch-interessierte zweite Exfrau Jackie hatte es schwer mit ihr.

Statt die Frauen nun ständig gegeneinander auszuspielen, zeigt die Serie zwar ihre Konflikte, aber auch ihre Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung. So streng Diane ist, so sehr kümmert sie sich um ihre Kinder, wenn diese Hilfe benötigen. Die Teenager Warren und Hillary etwa müssen sich mit den üblichen Problemen wie der ersten Verliebtheit auseinander setzen. Während Warren noch völlig ziellos bleibt, ist Hillary ebenso ehrgeizig wie ihre Mutter, was bei ihren Freundinnen nicht immer gut ankommt.

Neben den drei (Ex-)Frauen gibt es noch Meg, die beste Freundin von Kate, die weiter feiert. Eine solch frauendominierte Besetzung ist es auch bei Familiensitcoms eher selten. Dass die Geschichten dann nicht in sexistische Klischees abrutschen, ist ebenfalls eine erfrischende Ausnahme. Von Haskins hätten ihre Fans aber wohl auch nichts anderes akzeptiert. Dafür solche Juwelen:

Die erste Staffel läuft derzeit nur auf ABC und CTV. Hier geht’s zum Trailer.

TV! Einblicke in die Fringe Division

[Hinweis zum Inhalt: Dieser Text enthält Spoiler.]

Fringe (in Deutschland: Fringe – Grenzfälle des FBI) bot von 2008 bis 2013 zunächst scheinbar eine Neuauflage von Akte X. Eine FBI-Agentin wird in eine Sondereinheit berufen, um unerklärliche Ereignisse aufzuklären. Ihr zur Seite stehen ein aus der Psychiatrie entlassener Wissenschaftler und sein umtriebiger Sohn. Alle drei haben, wie sich langsam herausstellt, zentrale Rollen in den Vorkommnissen.

Von links nach rechts die Darsteller_innen vor blauem Hintergrund: Jasika Nicole, John Noble, Anna Torv, Joshua Jackson, Lance Reddick and Blair Brown

Promotionbild der 2. Staffel. ©2010 Fox Broadcasting Co. CR: Justin Stephens/FOX

Mit der Zeit emanzipierte sich die Serie allerdings von „eine Mini-Einheit die übernatürliche Phänomene untersucht“. Ein alternatives Universum, eine alternative Zeitlinie und eine mögliche Zukunft (mit ebenfalls jeweils zwei Universen) bedeutete, dass die Charaktere immer neu erfunden wurden – mal gut, mal böse, mal einfach anders waren. Am Ende lässt sich die Serie eher als ständiges „was wäre wenn“ beschreiben.

Einerseits ist das faszinierend. Andererseits scheint es an anderer Stelle an neuen Ideen zu mangeln, so dass bekannte Ereignisse einfach noch einmal neu ausgerollt werden. Vertieft wurde die (nerdige) Atmosphäre in Folgen mit Comic-Einlagen, außerdem gibt es auch einige Comics zur Serie, die einzelne Charaktere beleuchten oder Geschichten aus weiteren alternativen Zeitlinien bieten.

Besonders die Hauptdarstellerin Anna Torv und ihre verschiedenen Interpretationen der Agentin Olivia Dunham machen die Serie zu einem Highlight. Klug, kräftig und mitfühlend ist sie oft der Inbegriff einer „starken“ Frau. Wirklich stark macht sie allerdings, dass sie auch Schwäche zeigt. Als Überlebende häuslicher Gewalt als Kind und nach einigen schlechten Erfahrungen tut sie sich mit Beziehungen schwer, kümmert sich aber sehr um ihre Nichte und arbeitet immer daran, Hindernisse zu überwinden. Dass alles auch ganz anders hätte kommen können, zeigt „Fauxlivia“, wie ihre Alternativversion genannt wird.

Für ihre Arbeit rekrutiert Dunham den Wissenschaftler Walter Bishop. Nach einer Mordanklage für 17 Jahre in einer psychiatrischen Klinik eingesperrt, fällt es ihm schwer, sich in die Gegenwart einzufügen. Zusammen mit seiner Genialität und dem ursprünglichen Mitwirken an verschiedenen Phänomenen scheint er einen Freifahrtschein für sexistisches Verhalten und Drogenkonsum zu haben.

In einem grün beleuchtetem Lagerraum stehen Astrid (Jasika Nicole), Walter (John Noble), Peter (Josh Jackson) und Olivia (Anna Torv,)

Promotionbild der 5. Staffel ©2012 Fox Broadcasting Co. CR: Liane Hentscher/FOX (Ja, Olivia Dunham trägt schwere Stiefel!)

Zentrales Thema der Serie ist dabei die Beziehung zu seinem Sohn Peter. Er ist der einzige komplett einzigartige Charakter über alle Universen und Zeitlinien hinweg. Damit wird er im Verlauf der Serie langsam zum zentralen Charakter statt Olivia, obwohl er teilweise nicht so rund und glaubwürdig erscheint. Immer wieder geht er auf brutale Rachefeldzüge, die aber weitgehend konsequenzlos bleiben. Für die Liebe nimmt er schließlich hin, in einer Zeitlinie zu verbleiben, die ihn nicht kennt, in der er keine Kindheit und keine Freund_innen hat.

Die Junioragentin Astrid ist einerseits einer der coolsten Charaktere, die das Fernsehen je erfunden hat. Sie spricht fünf Sprachen, auch Latein, fließend und nimmt seit Kindesbeinen Computer auseinander. Leider gibt es nur eine einzige Folge, die sie in den Mittelpunkt stellt und ansonsten werden ihre Fähigkeiten fast nie gebraucht. Dass sie trotzdem nur die Kuchenback­assistentin von Walter bleibt, ist ein unfassbares Relikt sexistischer und rassistischer Fernsehtraditionen. Bereits ihre „Vorgängerin“, die tote Assistentin Walters, hatte drei Studienabschlüsse und war promoviert!

Chef der Einheit ist Phillip Broyles, der zunächst dem Stereotyp „der mysteriöse schwarze Boss“ entspricht. Ist er einer von den Guten oder vielleicht doch von den Bösen? (Hallo NCIS, Castle und noch mal Castle.) Das klärt sich natürlich, so dass es mit der Zeit auch Einblicke in sein Privatleben gibt. Leider ist er in der 5. Staffel fast komplett verschwunden.

Aus deutlich nachvollziehbareren Gründen bleibt „Cyborg“ Nina Sharp ambivalent. Sie leitet den Riesenkonzern Massive Dynamic, der vom ehemaligen Laborpartner Walter Bishops, William Bell, gegründet wurde. Warum sie, selbst Wissenschaftlerin, in der 4. Staffel ihren cybernetischen Arm nicht reparieren kann, bleibt ein Rätsel.

„Geschlechtertechnisch“ interessant ist besonders die 5. Staffel, ohne das dies in irgendeiner Weise in der Serie reflektiert wird. Sie sind „künstlich verbesserte“ Menschen, denen zunächst die „bösen“ später auch die „guten“ Emotionen entzogen wurden, um ihr Denkvermögen zu erhöhen. Sie sind alle weiß und männlich und werden in Tanks herangezogen. Ohne Haupthaar und immer in Anzügen gekleidet, entsprechen sie einem hyper-maskulinem Stereotyp. Dass sie in einer faschistischen Gesellschaft enden, die ihren Planeten ruiniert, erscheint fast logisch, wird aber nicht kritisch eingeordnet. Stattdessen gibt eine übernatürlich begabte Schwarze Frau Olivia ihre Weisheiten mit (hallo TNG-Guinan, hallo Matrix-Oracle)

Insgesamt ist Fringe eine schöne Science Fiction-Serie, deren mysteriöse Ereignisse nicht unbedingt lückenlos, aber immerhin stringenter ausfgeklärt werden, als in anderen Serien. Sie lebt besonders von den Darsteller_innen, die die immer neuen Facetten ihrer Charaktere umsetzen.

Die Serie ist nach fünf Staffeln abgesetzt worden. Sie ist auf DVD und im iTunes Store erhältlich.

Links! Trekkie-Keller und Manstruation

Ein schwarzes Mädchen in lila Trainingshosen dreht sich auf dem Kopf.

Screenshot von Jungle – Platoon feat. B-Girl Terra

Liebe Leserinnen. Es ist wieder Zeit für eine #InWoche (die mit dem generischen Femininum).

TV! Miss Fisher’s Murder Mysteries

„Was für eine Schlampe“ – auf Netflix erregte Lady Detective Phryne Fisher die Gemüter und damit mein Interesse. Denn mit dem Heiraten und Häuslich werden hat es die Kriegsveteranin und Erbin nicht so. Stattdessen tauchen in ihrer Nähe ständig Tote auf, deren Ableben es zu erklären gilt. Lebende, gut-aussehende junge Männer zum Glück aber auch.

Zwei weiße Frauen sitzen auf opulenten Holzstühlen. Dot trägt ihre Haare in Wasserwellen, einen hellbraunen Mantel und darunter ein orangenes Blusenkleid, Miss Fisher einen schwarzen Bob und einen Hut, ein schwarzes Kleid und einen Mantel mit weißen Stickereien, sowie eine schwarze Federboa.

Promotionbild via Facebook

Neben der Hauptdarstellerin und ihrer Begleiter besticht die Serie vor allem durch die Kostüme, die Hintergrundgestaltung und die Musik, die ein fan­tastisches Flair der Zwanziger Jahre zaubern. Sie basiert auf einer Reihe von inzwischen 20 Romanen, die laut dem Internet noch mehr awesome enthalten (ich habe sie leider noch nicht gelesen).

Usprünglich aus einer australischen Arbeiterfamilie, arbeitet Miss Fisher im Ersten Weltkrieg als Sanitäterin für die französische Armee. Der selbe Krieg kostet einige ihrer Familienmitglieder das Leben, so dass sie einen Adelstitel und viel Geld erbt. Mit einigen Jahren Auslandsabenteuern im Gepäck, kehrt sie schließlich nach St. Kilda bei Melbourne in Australien zurück. Dort erwarten sie ihre Freundin Mac, Ärztin an einer Frauenklinik, und ihre Tante Prudence, Mitglied der High Society. Als Personal und Helfer_innen für ihre Arbeit gewinnt sie das streng katholische Hausmädchen Dot, Mr. Butler und die beiden kommunistischen Arbeiter Bert und Cec. Im Laufe der Serie kommt noch die Adoptivtochter Jane dazu.

Die Darsteller_innen der Serie vor einem Weihnachtsbaum: Mr. Butler, Bert, Hugh und Dot, Miss Fisher, Jack Robinson, Cec stehen hinten, vorne sitzen Jane, Tante Prudence und Dr. Mac

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Leider ist die Besetzung der Serie sehr weiß gehalten. Ihr chinesisch-stämmiger Liebhaber Lin Chung verschwindet, anders als in den Büchern, mit seiner Hochzeit von der Bildfläche. Stattdessen wird der Polizeiinspektor Jack Robinson ihr love interest, der allerdings mit ihrem Lebensstil nur langsam klar kommt. Außerdem behandeln die Folgen neben dem jeweiligen Mordfall auch sozial-kritische Themen: Rassismus gegen Aborigines, die Rassentrennung in den USA, unsichere Abtreibungen, Vorurteile gegen Schwule und Lesben, Ausbeutung und Gefährdung von Arbeiter_innen…

Wie bereits bei Elementary sind die Mordfälle nicht immer die verzwicktesten, dennoch handelt es sich um eine willkommene Abwechslung unter den Krimiserien. Mehr Fotos, besonders der Kostüme, gibt es auf der Facebookseite der Serie. In Melbourne wurden sie im vergangenen Jahr auch in einer Kostümausstellung gezeigt. Bisher gibt es zwei Staffeln mit jeweils 13 Folgen, über eine dritte Staffel ist noch nicht entschieden.

Da die Serie noch nicht in Deutschland erschienen ist, ist sie bisher nur auf Englisch als DVD-Import aus Großbritannien oder Australien erhältlich.