On sexual abuse in Germany

You might have read my posts on Twitter on the shitty German laws when it comes to sexual abuse and worse. While many people (even anarchists) call for law enforcement right now to help them form an opinion, this is the worst idea. Coming with a trigger warning, here’s why:

You’ve probably also read the stories on jacobappelbaum.net. There’s a fair chance some events took place in Germany but unfortunately, right now, I don’t think any of this would lead to a sentence. Yes, forced kisses, even forced intercourse are not necessarily punished by the courts. How bad is it?

Right now, there’s an ongoing case of one woman who was sentenced to pay 24,000 Euros because she lost her case and was accused of false accusations. The attackers taped their assault and it was sent to media outlets as a „rape tape“. Many people who saw it, went to the police. But Gina-Lisa Lohfink only said “stop it” a couple of times and looked like she might pass out and right now, that’s not enough for a conviction. Add to that, that she’s a reality TV star and promoted safer sex for an erotic fair and you get press coverage full of slut-shaming.

Germany has also hotly debated the case of a teenage girl in 2012. She went to see a friend who was visited by her ex-boyfriend and another friend, too. The guy was known to be violent. At one point, he sent the women into the basement to have sex with the girl. She said „no“ but again, that was not enough for the court to rule it a rape. Because he did not lock the flat and she could have tried to run away. She didn’t because she was afraid and for good reason: he later beat up his ex-girlfriend. A crime, for which he was actually sent to jail.

If you look for cases when a rapist gets sentenced, it’s really the worst of the worst. When a guy explicitly tells a 13-year-old it’s either sex or he is going to beat up her boyfriend. Or when the victim jumps out of the window to flee after the attack.

The law requires a rape to be violent but law enforcement personnel usually only has a blurry concept of this violence, as law professor Ulrike Lembke stated in 2011. While there are 30 years of research on sexual abuse, police, prosecutors and jugdes still rely on gender stereotypes, sex myths and victim-blaming tropes, according to her. Yet, attitudes are changing. In 1997, raping your spouse was finally criminalized. But as more victims have come forward, conviction rates have dropped. About 20 years ago, 21.6% of reported rapes led to a conviction. In 2012, the number was down to 8.4% and, as Lembke noted, sentences were often quite lenient.

German feminist activists have called for a law reform for some time. The debate was picked up again after the events in Cologne on New Year’s Eve and other cities. Groups of men were apparently pick-pocketing and assaulting women. Since then, the country has discovered that only one of these accusations is actually a crime. And because many attackers were described as non-white the law on asylum seeking has been tightened while groping is still legal and wasn’t even included in the latest reform draft.

So, if you want to rely on German law enforcement to tell you when someone did something wrong, you’re looking at a broken system that has been failing victims of sexual assaults for years. You’re even putting them in danger of being sued for defamation. Do you really want that?

PS: It’s different at workplaces. There, you can be sued for putting a pin-up calendar on the wall or even making a sexual joke.

Sexualisierte Gewalt gegen Mädchen – total normal?!

[Anmerkung zum Inhalt: Es geht um eine Studie, die sexualisierte Gewalt gegen Mädchen untersucht und beschreibt.]

Dass gerade junge Frauen sexualisierte Übergriffe (zunächst) als „nicht so schlimm“ einstufen, ist schon eine Weile bekannt. Heather R. Hlavka der Marquette University hat in einer Studie noch einmal genauer analysiert, wie Teenager im mittleren Westen der USA sexualisierte Gewalt erleben. Grundlage sind Videoaufnahmen von 100 Interviews des Children’s Advocacy Center (CAC) mit Kindern zwischen drei und 17 Jahren, die im Zuge polizeilicher Ermittlungen zu Übergriffen entstanden.

In dem in Gender & Society erschienen Artikel zitiert und untersucht Hlavka die Aussagen der Betroffenen aus den Jahren 1994 bis 2005. Besonderer Fokus liegt auf 23 Interviews, in denen Mädchen von sexualisierter Gewalt, bis hin zu Ver­gewaltigungen sprachen, diese aber nicht also solche benannten. Stattdessen bezeichneten sie die Vorfälle als „normal“, da sie immer wieder passierten und „Jungs so seien“. Um sich der Gewalt zu entziehen, trafen sie eine Reihe an Vorkehrungen, wie nicht alleine durch die Schule zu gehen, zur Seite zu rücken oder den Angreifer wegzuschubsen. Als „schlimm“ bzw. Vergewaltigung galt oft erst mit massiver körperlicher Gewalt erzwungener Penis-in-Vagina-Verkehr. Selbst mit körperlicher Gewalt erzwungener Oralverkehr wird nicht als Vergewaltigung bezeichnet, sondern als Mittel, einer Vergewaltigung zu entgehen.

Im Umkehrschluss wurden andere Mädchen, wie auch sie selbst, oft als „selbst schuld“ benannt, wenn sie trotzdem Opfer eines Übergriffs wurden. Dass Grenzen überschritten wurden, wurde nicht als Schuld der (hier stets männlichen) Täter gesehen, die durch ihre Natur getrieben sind, sondern im Versagen der Mädchen als Hüterinnen des eigenen Körpers und Sexualität. Oft wurde die Schuldverschiebung durch den Täter noch befeuert, indem er sein Opfer öffentlich als „vorher sexuell aktiv“ oder gleich als „Hure“ bezeichnete. So sahen viele der Mädchen keine Notwendigkeit, die erfahrenen Übergriffe zu melden und damit „Drama“ anzufangen.

Insgesamt bietet die Studie so einen qualitativen Einblick in die Schere, die sich zwischen erlebten und bei Polizei und anderen Einrichtungen gemeldeten Übergriffen beobachten lässt. Traurig macht wieder einmal, dass bereits junge Mädchen die Verantwortung für das Verhindern von Gewalt bei sich selbst sehen, wie weit sie sich in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken und auch keine Unterstützung von Erwachsenen erwarten. Die Ergebnisse bettet Hlavka in die feministischen Diskurse zu sexualisierter Gewalt (besonders von Kindern) und Heteronormativität ein, so dass der Artikel bei allen deprimierenden Ergebnissen einen interessanten Einblick in feministische Theorie der letzten 35 Jahre liefert.

Links! Quantified Self, Überwachung und Neues von den Bewegtbildern

Straßenkritzelei: Mit einer Waffe kann man eine Bank ausrauben. Mit einer Bank die ganze Welt.

Politik vor der Arbeitsagentur Osnabrück.

Bente Varlemann gegen Alltagssexismus

Am Wochenende war ich beim Poetry Slam. Es war sehr unterhaltsam, aber teilweise sehr schmerzensmannig. Jetzt spült mir @totalreflexion noch einen Auftritt von Bente Varlemann in die Timline, den ich gerne live gesehen hätte: „Was ich habe“

Termine! In Braunschweig.

Es ist einiges(!) los in Braunschweig in den nächsten Wochen.

Vom 16. bis 18. Mai findet an der Hochschule der Bildenden Künste (HBK) die Tagung „total. Universalismus und Partikularismus in postkolonialer Medientheorie“ statt.

Außerdem heute am 16. Mai, also heute:

Um 18:30 Uhr wird die Vollversammlung der Studentinnen der TU Braunschweig wiederholt. Ort ist die Essensausgabe W der Mensa 1 in der Katharinenstraße.

Fast gleich, und zwar um 19 Uhr gibt’s außerdem Vorträge im Stratum0, etwa zu „Musikcomputer – Computermusik“.

Zum Flashmob “Same sex holding” lädt die Grüne Jugend angesichts des Internationalen Tages gegen Homophobie (IDAHO) am morgigen 17. Juni um 17 Uhr auf den Schlossplatz.

Am 29. Mai fragen sich Dr.-Ing Kira Stein, Prof. Dr. Petra Lucht und Dipl.-Ing. (FH) Pamela Kuhn, wie das Maschinenbau-Studium für Menschen interessanter werden könnte, die die Rollenvorstellungen und Stereotype bisher abhalten. Diesen illustren Round Table mit dem Namen „Jenseits der Norm“ moderiert dann yours truly.

Den Science Slam spezial gibt es gleich am nächsten Tag, den 30. Mai. Dann ausnahmsweise in der Buchhandlung Graff.

Der Juni beginnt mit dem Queer Cinema und dem Film Alle Zeit der Welt. Am 3. Juni im C1 ab 20 Uhr, der Film ist zu sehen im niederländischen Original mit Untertiteln.

Anknüpfend an die Debatte um #Aufschrei heißt es in den Braunschweiger Zukunftsfragen am Mittwoch den 05. Juni 2013 „Sexualisierte Gewalt und Sexismus: Schnee von gestern oder Herrschaftsmittel?“ Um 18:30 Uhr im Raum SN 19.4 in der Schleinitzstraße 19. Es diskutieren Dr. Monika Schröttle (Uni Gießen) und Eileen Kwiecinski (TU Braunschweig).

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) am Standort Braunschweig öffnet am 9. Juni seine Türen. Welche sich nicht alleine hintraut, kann auch mit dem Braunschweiger VDI-fib (Frauen im Ingenieurberuf) hingehen.

„Toxische Medien: Pilze, Gifte, und gestörte Ordnungen“ (PDF) Dahinter verbirgt sich am 14. Juni eine Tagung zur (Medien-)geschichte gefährlicher Wesen und Substanzen. Von 10 bis 17 Uhr in der HBK, Geb. 01, Raum 304.

Die Ringvorlesung „Geschlechterfoschung und technische Innovation“ geht ebenfalls weiter. Es kommen noch:

  • 28.5.2013: Lucy Suchman (Lancaster, GB): Feminist research at the digital/material boundary
  • 11.6.2013: Bärbel Mauß (Berlin): Gender Studies für innovative Technikentwicklung. Das Zertifikatsprogramm GENDER PRO MINT an der TU Berlin
  • 25.6.2013: Claude Draude (Bremen): Vielfalt, realistische Modelle, konstruktive Technikkritik: Was können Gender Diversity Studies zur Informatikforschung beitragen?
  • 9.7.2013: Waltraud Ernst (Linz, Österreich): Geschlecht und Maschine: Maschinenbediener_innen verändern Mensch-Maschine-Verhältnisse

Das Semester abschließen wird in der Frauenbibliothek Dr. Laura Méritt mit dem Vortrag „Let´s talk about Sex – Sprache und Sexualität“. Die Veranstaltung wird Teil des Sommerlochfestivals 2013 sein, das insgesamt vom 13. bis 27. Juli laufen wird.

Nicht unbedingt in Braunschweig sind ansonsten die Termine, auf denen ich mich so rumtreibe. Dazu wie immer mehr auf meiner Termineseite.

Eine Nachricht an @spiegelonline und den Werberat [TW für Gewalt]

Am 9. März fotografierte Anne Roth dieses Bild der demnächst eröffnenden Bar 111 in Berlin:

Eine bewußtlose, blutverschmierte Frau liegt in Spitzenunterwäsche mit gespreizten Beinen in High Heels auf einer grünen Parkbank, in der linken Hand eine Bierdose. Man kann deutlich auf ihren Intimbereich und ihre Brüste schauen, ihr Gesicht ist dagegen abgewendet und die Haare zersaust.

Alltag in Deutschland (CC BY-NC Anne Roth)

Um mit einer Bildbeschreibung anzufangen: Eine bewußtlose, blutverschmierte Frau liegt in Spitzenunterwäsche mit gespreizten Beinen in High Heels auf einer Parkbank, in der linken Hand eine Bierdose. Man kann deutlich auf ihren Intimbereich und ihre Brüste schauen, ihr Gesicht ist dagegen abgewendet und die Haare zersaust.

Warum ist sie blutverschmiert? Warum in Unterwäsche auf einer Parkbank, aber immer noch in High Heels? Warum sind Brüste und Intimbereich zu sehen, aber nicht ihr Gesicht (eine Positionierung aus dem Handbuch „Frauen als Objekte darstellen“)?

Ich habe dazu eine Beschwerde beim Deutschen Werberat eingereicht. Sie haben „das werbende Unternehmen“ derzeit um eine Stellungnahme gebeten, aber ich habe noch nichts erfahren. Dass dort etwas angekommen ist, beweist der Zettel, der nun dort hängt:

Bild der Bar111-Werbung mit 2 Zetteln darunter: „Hinweis!!! Dies ist ein jugendfreies Werbeplakat. Die Handlungen und das Bild sind frei erfunden und nachgestellt. Sie dienen der Abschreckung vor zu großem Alkoholkonsum!!!!!“ –„SPINNER! Die vielen Satzzeichen machen es auch nicht jugendfreier! Ganz tolles Plakat!“

CC BY-NC-ND 2.0 DE Notes of Berlin

Jetzt also mit einer Erklärung, die nichts besser macht (via Kraftfuttermischwerk)

Hinweis!!! Dies ist ein jugendfreies Werbeplakat. Die Handlungen und das Bild sind frei erfunden und nachgestellt. Sie dienen der Abschreckung vor zu großem Alkoholkonsum!!!!!

Es geht nicht darum, dass das Plakat nicht „jugendfrei“ sei. Es geht darum, dass wieder einmal eine Frau zum Objekt degradiert wird. Dass Gewalt gegen Frauen normalisiert wird. Dass so ein Plakat, mit all den mitschwingenden Deutungen niemals mit einem leichtbekleideten Mann in Deutschland hängen könnte, weil die Lesart „der muss sich mal nicht wundern, wenn den eine Frau jetzt vergwaltigt, wo er so betrunken ist“ nicht passen würde.

Das Schlimme ist, dass die Beschwerde beim Werberat ebenfalls nichts bringen wird. Weil der gar nicht weiß, was sexualisierte Gewalt und Objektifizierung sind. Er beschreibt diese im Zweifelsfall sehr akurat, sieht dann aber nicht, dass genau diese Dinge die Probleme sind.

Schließlich erkennen Medien wie Spiegel Online (kein Link, dank LSR) inzwischen zwar auch sexistische Motive – allerdings nur in Indien. Kein Fortschritt, denn anderen, vermeintlich rückständigen Ländern Frauenfeindlichkeit vorwerfen, ist eine alte Taktik, unfrisch aus dem Kolonialismus zweitverwertet.

All der #Aufschrei, all die Diskussionen um Sexismus im Internet, um den alltäglichen Rassismus, all die Blogbeiträge bis heute, all die Petitionen – bisher völlig ohne Wirkung. Eure Indifferenz kotzt mich an.

#Aufschrei: Wogegen ich mich wehre? „Wehrt Euch“

Liebe Verfechter_innen des „Wehrt Euch“,

lasst es. Lasst es einfach, Opfern von Übergriffen noch zu sagen, sie hätten etwas falsch gemacht. Auch „wehrt Euch“ tut genau das, egal wie gut gemeint es ist. Es öffnet Tür und Tor für Nachfragen, um die „guten“ Opfer von den „schlechten“ zu trennen.

Was viele der Tweets zu #Aufschrei gezeigt haben ist dabei auch, dass Wehren nichts hilft. In meinem Fall hat es mich ein blaues Auge gekostet. Ganz viele sind danach ausgelacht worden. Weil der Täter sich im Recht fühlte. Das müsst ihr ihm wegenehmen.

Sagt „Übergriffe sind scheiße, Grenzen müssen respektiert werden“, fordert strengere Gesetze. Gegen sexuelle Belästigung auf der Straße kann man sich in Deutschland bis heute nur bei körperlicher Gewalt oder als „Beleidigung“ wehren. Wenn das Verfahren nicht fallengelassen wird, auch das habe ich erlebt.

Hier von Betroffenen Konsequenzen zu fordern reicht nicht. Wir müssen eine Gesellschaft werden, in der Übergriffe von allen geächtet werden. Die kleinen Kindern erzählt, warum Frauen nicht Freiwild sind und dass man keinen einzigen Menschen belästigen darf!

Und hört auf, Frauen als das defizitäre Geschlecht hinzustellen. Wir brauchen keine Kompetenztrainings, um ungelenke Nachfragen von „echten“ Übergriffen zu unterscheiden. Männer sind nicht so blöd, dass sie Grenzen ungewollt überschreiten und sich dann nicht mal dafür entschuldigen.

Die Grenzen der Übergriffigkeit müssen nicht ausgehandelt werden, den Tätern sind sie klar. Es geht bei all dieser sexistischen Scheiße um Machtausübung. Die funktioniert durch das gewollte Überschreiten der Grenzen anderer Menschen.

Wer Rassismus, Sexismus, Transphobie, Homophobie ausübt, verletzt Menschen, die strukturell benachteiligt sind. Dass sie weniger Möglichkeiten haben, sich zu wehren steckt im System. Genau das ist es, was wir ändern müssen.

Mit freundlichen Grüßen
Eine die sich gewehrt hat und es wurde alles nur noch schlimmer.

Lesestoff zu den (feministischen) Debatten derzeit.

Ist es Timing das gerade jetzt ein Artikel über vermutliche Übergriffe von Rainer Brüderle erscheint? Total egal, denn um ihn geht es nicht, sagt Ninia LaGrande. Stimmt. Trotzdem geht die Debatte erstmal noch einen vorhersehbaren Weg, der nichts mit inhaltlicher Auseinandersetzung zu tun hat, beschreibt Frau Dingens. Maike fordert bei Kleiner Drei mehr Sichtbarkeit der Übergriffe. 2011 hatten wir bei der Mädchenmannschaft schon einmal Vorfälle alltäglicher Grenzüberschreitungen gesammelt.

Und dann hatte ich das alles schon geschrieben und konnte die halbe Nacht nicht schlafen, weil auf einmal soviele ihre Erlebnisse auf Twitter unter dem Hashtag #Aufschrei posteten.

Dazu passend: Zahlen! Denn auch im Netz erfahren Frauen Übergriffe. Unüberraschenderweise besonders dann, wenn sie sich zu frauenpolitischen Themen äußern. Bei Wirtschaftspolitik wird ihnen gern die Kompetenz abgesprochen, trotzdem sind sie gegen Klarnamenpflicht, steht es in Karins Notizen. Wieviele Frauen wir in der österreichischen Kunstszene finden, berechnet Sonja Ablinger. Die Zahl der Vergewaltigungen in England und Wales hat der DataBlog des Guardians visuell aufbereitet. Bei sexualisierten Übergriffen und Vergewaltigungen gegen Männer liegen die Verurteilungsraten übrigens höher als bei weiblichen Opfern. Nicht messbar ist dagegen die angemessene Rocklänge (pun intended). Sie liegt im Auge des Betrachters (extra nicht geschlechtergerecht geschrieben). In der Konsequenz haben Frauen Unmengen an Röcken, Hosen und dazu passenden Schuhen und können es doch niemandem recht machen. (Sociological Images, auf Englisch).

Den Mittwoch ruinierten gleich zwei Techcrunch-Meldungen. Die iPhone-App „Playbook“ lässt heterosexuelle Männer ihre Eroberungen mit ihren Bros teilen. Die Fotos der Frauen geraten da vermutlich ohne ihr Einverständnis hinein. Dass Techcrunch mit „aber die Kerle machen sowas ja sowieso“ reagiert ist dabei so wenig überraschend, wie der Fail von seiten Apples. Da passte das Video einer Venture-Capital-Firma gleich super. Tech-Firmengründer sind wieder einmal männlich, weiß, heterosexuell und super potent. Warum dann ein „Nerd-Dream“-Kalender mit „keine Sorge, die Mädchen sind nur Deko“ eben nicht lustig Zwinkerzwinker ist (großartig: Lucies Text dazu), sondern sich in die lange Liste sexistischer Vorfälle in der Tech/Nerd/Geek-Community einreiht, verstand getDigital nicht ganz. Melanie erklärt es noch mal bei den Femgeeks. Danach kam dann noch irgendwas mit Axe (und einem coolen Video).

Was wir dagegen brauchen, sind mehr Offene Briefe kluger Mädchen. So schrieb Sadie, 11, für Präsident Obama den fehlenden Teil seiner Amtsantrittsrede zu transgender Personen. In Deutschland schrieb Ishema Kane, 9 Jahre alt, an die Zeit wegen deren unsäglicher Titelgeschichte zur aktuellen Debatte um Rassismus, „Zensur“ und „Sprachpolizei“. Weitere Links zur aktuellen Debatte und Hintergrundinformationen gibt es bei Noah Sow und Astrodicticum simplex.

PS: Ich bin für den „Warmen Händedruck des Jahres 2012“ als Spielejournalistin nominiert. \o/ Ihr könnt auch für mich abstimmen.

Weihnachtszeit – Spendenzeit!?

Ganz ehrlich: Der jährliche Wettlauf um die weihnachtliche Spendenbereitschaft geht mir auf den Keks. Wer in der finanziellen Position ist, andere Menschen zu unterstützen, sollte dies nicht nur in einem zufälligen Monat des Jahres tun. Daher hier gleich sechs Vorschläge, wen Ihr bei ihrer Arbeit gegen Sexismus, Rassismus und Gewalt unterstützen könnt. Einiges ist gerade aktuell, aber auch darüber hinaus sind die ehrenamtlichen Organisationen auf Unterstützung angewiesen.

  1. Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh
  2. Hat sich der an Armen und Beinen gefesselte Oury Jalloh wirklich in einer Dessauer Polizeizelle auf einer feuerfesten Matratze selbst angezündet? 700 x 50 Euro fehlen der Initiative noch für ein unabhängiges neues Gutachten.

  3. Trotz Allem e.V.
  4. Im Januar zieht die Gütersloher Beratungsstelle für Frauen mit sexualisierten Gewalterfahrungen in neue Räume. Dafür benötigen Sie noch 2000 Euro.

  5. Wunschzettel der Frauenhäuser
  6. Der Name ist wohl selbsterklärend.

  7. Refugee Tent Action
  8. In Berlin haben Asylsuchende in den letzten Wochen auf ihre menschenunwürdigen Lebensbedingungen in Deutschland hingewiesen. Im nächsten Jahr soll der Protest weitergehen. Bis Residenzpflicht und unmenschliche Sammelunterkünfte Geschichte sind.

  9. Ruby Tuesday
  10. Die Ruby Tuesday Camps ermuntern Mädchen*, trans- und intergeschlechtliche Jugendliche, eigene Musik zu machen und ihre Geschichten zu erzählen.

  11. Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess e.V.
  12. Heute saßen wieder einmal viele Menschen in einer Fernsehsendung und haben viele furchtbare, dumme Sachen gesagt. Unterstützt lieber die, die dazu kluge Dinge tun.

Falls es noch eines Anreizes bedarf: Bei Spenden bis 200 Euro genügt der Kontoauszug, um die Spende von der Steuer absetzen zu können. Sparkassen z.B. bieten bei der Online-Überweisung bereits ein anklickbares „Spenden“-Feld an.

Sexualisierte Gewalt: Zahlen, Fakten, Handlungsvorschläge

Heute nachmittag ging es an der TU Braunschweig um „Sicherheit auf dem Campus“. Dort berichtet zunächst Eileen Kwiecinski über die ersten Ergebnisse des Projekts „Sexismus und sexualisierte Gewalt: Ausmaß, Auswirkungen und Handlungsstrategien mit besonderer Berücksichtigung technischer Hochschulen“. Nach wiederholten Übergriffen wurden an der TU die Studierenden und Mitarbeiterinnen zu ihrem Sicherheitsgefühl auf dem Campus befragt. Da das Projekt erst seit wenigen Monaten läuft, gibt es nur vorläufige Ergebnisse, etwa, dass Bewegungsmelder für ansonsten schlecht beleuchtete Ecken wiederholt gefordert wurden. Eine Maßnahme, die wohl auch gegen Diebstahl hilft. Und aus der Kategorie „told you so“: Studentinnen fühlen sich im Schnitt weniger sicher als Studenten.

Insgesamt gibt es wenig Daten über sexualisierte Gewalt an Hochschulen in Europa, sowie deren Auswirkung auf die Betroffenen. An einer Studie der EU nahm die Uni Oldenburg teil, die auch eine eigene Untersuchung ergänzend durchführte. Dort wird bereits seit vielen Jahren zu sexualisierter Gewalt gearbeitet, wie Gisela Runte erläuterte. So gibt es dort seit 1996 eine „Richtlinie gegen sexuelle Diskriminierung und Gewalt“ (die von anderen Hochschulen gerne als Blaupause für eigene Richtlinien genutzt werden darf) und seit 2000 die Beratungsstelle bei Fragen zu sexualisierter Diskriminierung und Gewalt.

Die Richtlinie ist zum Schutz von Männern und Frauen gedacht, die tägliche Arbeit und Studienergebnisse zeigen allerdings, dass sexualisierte Gewalt zu 97 Prozent von Männern verübt wird. 55 Prozent der Studentinnen geben an, Opfer von sexueller Belästigung geworden zu sein. Nicht alles davon ist strafrechtlich relevant – die Folgen können aber gravierend sein. So kommt es zu verschlechterten Leistungen der Betroffenen, sie meiden bestimmte Orte oder Lehrveranstaltungen und brechen im schlimmsten Fall ihr Studium ganz ab.

Dennoch geben 74 Prozent an, zum Zeitpunkt des Übergriffs diesen „nicht so schlimm“ gefunden zu haben. Offensichtlich ist sexualisierte Gewalt weiter „normal“. Oft kommt es bei Beschwerden auch zur „Umschuldung“ oder victim-blaming. Schuld ist dann nicht der Grapscher, sondern die Begrapschte. Wenn der Vorfall überhaupt ernst genommen wird: die bereits angesprochene Normalität und Verharmlosung verhindern, dass Betroffene sich wehren.

Über die Beratungs- und Hilfsangebote wissen leider nur die wenigsten Bescheid (an der TU z.B. unter 10 Prozent). Auch nehmen nur wenige Betroffene diese in Anspruch und dann meist, wenn ein Abhängigkeitsverhältnis mit dem_r Täter_in besteht. Die Mehrheit der Übergriffe erfolgt allerdings durch Kommiliton_innen, bzw. Kolleg_innen. Einen etwas höheren Anteil an Täterinnen gibt es übrigens beim Stalking.

Wichtig, so Runte, seien Öffentlichkeitsarbeit und die Schulung von Führungskräften – in Oldenburg suchen diese bereits ebenfalls die Beratungsstelle auf. Die Richtlinie biete dabei, wenn auch oft verschieden ausgelegt, einen Rahmen, wie bei Vorfällen zu verfahren sei. Außerdem ermögliche die Trennung zwischen rechtlicher und psychologischer Beratung den Betroffenen Anonymität, solange sie kein Verfahren anstreben.

Am Ende gibt die Studie etwas Hoffnung: An der Uni Oldenburg ist die Zahl der Betroffenen niedriger als im Bundesvergleich. Die Arbeit scheint sich auszuzahlen.